Meine Reise zum Erzählfestival nach Valmiera, 6. bis 9. Oktober 2016
Musik
Wie erwähnt sind Lettland und lettische Volkskunst ohne Musik nicht denkbar. So spielte die Musik bei diesem Festival eine wichtige Rolle. Bei der Eröffnung spielte ein Trio Zither, Harmonika und Schlagzeug. Im Lesesaal der Bibliothek wurden Bilder, Berichte und Zeitungsartikel über den Einsatz von Musikinstrumenten im Alltag bzw. an Festtagen gezeigt, die ein junger Musiker zusammengetragen hatte. Im Mittelpunkt standen eine lettische Form der Ziehharmonika (Ermonika ieviņas, benannt nach einem der bekanntesten Harmonikabauer) und die Kokle, eine Art Zither.
Der Kurator der Ausstellung, Alberts Rokpelnis, lud am Freitagnachmittag zu einer Vortrags- und Fragestunde ein (http://valmieraszinas.lv/vidzemes-stastnieku-festivala-dalibnieki-iepazist-izstadi-lauku-muzikanti-un-kapelas-vidzeme/#15). Nachdem die erste Scheu überwunden war, wurde intensiv diskutiert: Über den Unterschied zwischen akademisch ausgebildeten Musikern und Autodidakten, über die besondere Fähigkeit guter Musiker, einander schnell im Zusammenspiel zu „finden“, über den Unterschied zwischen Schlager und echter Volksmusik. Tatsächlich gibt es das Wort „Schlagers“ auch in der lettischen Sprache, doch ist die Bedeutung viel weiter gefasst als unser deutscher Begriff. „Schlagers“ ist alles, was populär ist.
Am Samstagmorgen standen die Harmonika und Geschichten über Musik im Mittelpunkt. Der Musikethnologe Oskars Patjanko erzählte und spielte nicht nur, er brachte die Gäste auch zu einer spontanen Polonaise auf die Beine (http://valmieraszinas.lv/valmieras-muzeja-norisinajies-pasakums-vidzemnieku-ermonikas-ievinas-stastos-un-melodijas/#11).
Eigentlich hätte auf der Freilichtbühne in den Schlossruinen musiziert und erzählt werden sollen, um auch die Besucherinnen und Besucher des Jahrmarkts als Publikum zu gewinnen. Doch der Dauerregen machte einen dicken, nassen Strich durch diese Pläne. Vor- und Nachteil zugleich: Die (nicht ganz so vielen) Menschen, die uns zuhörten, waren tatsächlich interessiert.
Neben Märchen und Informationen gab es an diesem Vormittag auch Lebens- bzw. Familiengeschichten, die z. T. im ersten oder zweiten Weltkrieg spielten. Ihr wisst schon, Geschichten, die nicht professionell gut erzählt sein müssen, ja, die man nicht einmal verstehen muss, und die einem doch die Tränen in die Augen treiben.
Zwei der Musiker vom Morgen und Oskars Patjanko waren auch am Abend dabei: Auf dem Oleru-Hof (https://www.youtube.com/watch?v=7WKK2uG5Fk8), einem liebevoll renovierten und zu einem privaten Kulturzentrum umgestalteten Bauernhof gab es einen öffentlichen Erzähl- und Musikabend. Angesichts des ziemlich üblen Wetters musste ich hier den „gestohlenen Mantel“ erzählen – die Kinder des Hauses tobten zu dieser Zeit in der Küche herum.